Hilfe für ältere Menschen nach dem Erdbeben

Patenschaft in Heidelberg: Roberta Mandoki

Ältere Menschen, vor allem die sogenannten Hochaltrigen, sind während Naturkatastrophen und der Zeit danach eine besonders vulnerable Gruppe, die bei Hilfsaktionen leider häufig vernachlässigt werden. Das Erdbeben in Nepal hat viele ältere Menschen in eine schwierige Situation gebracht, vor allem diejenigen ohne Familienangehörige und in den stark betroffenen Gebieten. Gleichzeitig wird eine beträchtliche Zahl von Verletzten zur medizinischen Behandlung in die Krankenhäuser von Kathmandu evakuiert. Danach stellt sich für viele von ihnen die Frage nach einer Bleibe, wenn ihre Häuser zerstört oder beschädigt wurden. Wenn ältere Menschen chronische Krankheiten wie Diabetes oder Demenz haben, benötigen sie medizinische Versorgung und Pflege, die unter den gegenwärtigen Umständen in Nepal schwer zu leisten ist.

Während meiner Forschung habe ich Pramila Bajracarya Thapa kennengelernt, die The Hope Hermitage, einen Club für Senioren und ein kleines Pflegeheim für ältere Menschen, gegründet hat. Als eine kurzfristige Hilfsaktion hat sie zusammen mit ihrem Team entschieden, während den kommenden 6 Monaten älteren Menschen in Notsituationen eine kostenlose Unterkunft und medizinische Versorgung anzubieten. Der Fokus des Projekts liegt vor allem auf den am schlimmsten betroffenen Gebieten, und das Team arbeitet an einer langfristigen, bedarfsorientierten Hilfsstrategie für ältere Menschen. Hier wird sich der Bedarf allerdings erst in den kommenden Wochen zeigen, wenn die entlegenen Gebiete vollständig erreicht und erste Wiederaufbau-Maßnahmen begonnen wurden. Während der vergangenen Woche wurden bereits mehrere ältere Menschen mit gesundheitlichen Problemen aufgenommen, die nichts über den Verbleib ihrer Familienmitglieder wissen. Bisher haben Pramila Bajracarya Thapa und ihr Team keinerlei finanzielle Unterstützung für ihr Engagement finden können.

Hier können Sie Auszüge aus Pramila Bajracarya Thapa’s Projektaufruf aus Kathmandu lesen: “This is to inform you all that Hope Hermitage Nepal is giving short-term and long-term shelter (with all care required) for the senior citizens, who have been badly affected and left with no care at all due to the deadly earthquake in Nepal. If you know/find any such senior citizens who are in dire need of shelter and care, Hope Hermitage Nepal is the right place to contact for. Due to lack of human resource, we are ourselves not able to visit the field and receive/pick up the „Grand Parents“. So, please help us in getting the „Aama-Buwa“[mothers and fathers] who are left alone with no care at all.“

Am 6. Mai 2015 wurde ein verletzter älterer Herr von Freiwilligen ans Hope Hermitage vermittelt, und wir werden vermutlich noch von vielen ähnlichen Geschichten erfahren: Der 80-jährige Narbu Sherpa, ein Erdbebenopfer aus Sindhupalchok, wurde mit einem Helikopter der Nepal Army ins Norvic-Krankenhaus in Kathmandu evakuiert. Dort wurde er kostenlos behandelt, aber nach der Entlassung wusste er nicht, wohin er gehen sollte. Sein Haus wurde vollkommen zerstört, und er weiß nichts über den Verbleib seiner Familie. Ein Freiwilliger aus der Sherpa-Gemeinschaft aus Boudha (Stadtteil von Kathmandu) brachte ihn ins Hope Hermitage, wo Narbu Sherpa jetzt untergebracht ist und Pflege und Unterstützung bei der Suche seiner Familie bekommt. Sein rechtes Bein wurde operiert, und er muss zur Nachsorge noch einmal ins Krankenhaus gebracht werden.

Mit Hilfe Ihrer Spenden können wir diese humanitäre Initiative unterstützen, sodass das Hope Hermitage weitere ältere Menschen aufnehmen und ihnen adäquate und professionelle Pflege zukommen lassen kann. Wir werden das Hope Hermitage-Team unterstützen, eine langfristige Strategie aufzustellen. Gleichzeitig werden wir Kontakt zu weiteren lokalen Langzeit-Wiederaufbau-Projekte zugunsten älterer Menschen suchen (siehe z.B. Rebuilding Bungamati) und Sie auf dieser Seite über den aktuellen Stand informieren.

Jedoch sollte nicht vergessen werden, dass ältere Menschen nach dem Erdbeben in Nepal mit ihrer Resilienz, ihrem Repositorium an Wissen und ihrem Engagement für Nothilfe und Wiederaufbau einen enormen Beitrag leisten. Sie können bald mehr darüber in der News-Sektion lesen.

— Die Ethnologin Roberta Mandoki ist Doktorandin im Forschungsprojekt “Ageing in a Transcultural Context” und ist erst kürzlich von ihrer Feldforschung zu Alternserfahrungen von älteren Menschen im Kathmandu-Tal zurückgekehrt. Sie arbeitet zu Altern in Nepal auch mit Christiane Brosius und Axel Michaels.

  • October 13, 2014: International Day for Disaster Reduction with a special focus on older persons: „Leaving No One Behind“. Photo: Roberta Mandoki

Update 29.05.2015

Obwohl es überall in Nepal immer noch starke Nachbeben gibt, stellt sich in Kathmandu langsam heraus, welche Initiativen mittelfristig gebraucht werden. Die Situation im Hope Hermitage hat sich ebenfalls leicht verändert, aber es ist schwer, mit den ständigen Nachbeben im Alltag zu leben. Nach dem zweiten starken Beben am 12. Mai mussten alle Bewohner wieder auf der Wiese im Freien schlafen, bis die Nachbeben nachließen. Man kann sich gut vorstellen, dass dies für pflegebedürftige Menschen besonders schwierig ist, und es sollte nicht vergessen werden, dass die Pflegekräfte sich neben ihren Patienten sich auch um ihre eigenen Familien kümmern müssen.

Pramila Bajracharya Thapa schreibt mir, dass sich ihre kleine Pflegeeinrichtung schnell mit weiteren älteren Erdbebenopfern gefüllt hat, die sich in einem vulnerablen Zustand befinden. Am 12. Mai, nur kurze Zeit nach dem zweiten Erdbeben, hat unser Kollege Rajan Khatiwoda das Hope Hermitage besucht und eine erste Unterstützung von 1000 Euro an Pramila überreicht, sodass sie die dringendsten Kosten abdecken konnte. Seither wurden sie und ihr Team kurzfristig von medizinischem Fachpersonal unterstützt und beraten, z.B. bei der Physiotherapie der verletzten Älteren, die für einen guten Heilungsprozess wichtig ist.

Ich habe während meiner Forschung Pramila als eine engagierte Person kennengelernt, die sehr professionell und strukturiert arbeitet. Gestern schrieb mir Pramila, dass ihr kleines Hilfsprojekt zu einer großen Herausforderung geworden ist, da viele der älteren Menschen intensive Pflege brauchen: „“Currently, I am busy and staying at Hope Hermitage 24 hours a day. We have most of the seniors injured, those discharged from hospitals and need constant care, it’s really difficult to take care of those seniors who are badly traumatized and don’t have sense at all. They have lost everything including family members, and it’s really challenging for us working to bring them to [back to] normal. I often don’t even have time to check my email.” (E-Mail vom May 28, 2015) Sie wies darauf hin, dass manche ihrer neuen Bewohner stark traumatisiert sind, was sich in Desorientiertheit äußert. Sie benötigen daher intensive Einzelpflege, sodass Pramila bald mehr Pflegekräfte einstellen werden muss. Außerdem schrieb sie, dass mehrere Organisationen Interesse an ihrem Projekt gezeigt haben, sie aber dennoch bisher kaum finanzielle Unterstützung finden konnte.

Obwohl man anmerken kann, dass dieses Projekt zahlenmäßig keinen großen Personenkreis unterstützt, befinden sich die älteren Erdbebenopfer doch in einer Notlage, in der sie sich auf Grund ihres Gesundheitszustands nicht selbst helfen können. Daher werden wir das Projekt weiterhin unterstützen, sodass sich der Gesundheitszustand der Älteren verbessern kann und sie ihr Trauma langsam überwinden können.

  • Rajan Khatiwoda handing over our first donation. /Rajan Khatiwoda übergibt die erste Spende. Photo: Rajan Khatiwoda.