Wolfgang-Peter Zingel
Südasien-Institut der Universität Heidelberg, Abteilung Internationale Wirtschafts- und Entwicklungspolitik

INDIEN - Wirtschaft

Eine gekürzte Fassung erscheint in: Munzinger-Archiv / IH-Länder aktuell, Ravensburg. 15-16/98.

Wirtschaft im Überblick - Geld, Finanzen, Entwicklungshilfe - Wirtschaft und Außenhandel - Verkehr 

Wirtschaft im Überblick

Wirtschaftslage: Zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit präsentiert sich Indien als potentielle Wirtschaftsmacht, deren Entwicklung entscheidend davon abhängig sein wird, inwieweit es der Regierung gelingt, die strukturellen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Probleme des Landes zu lösen.

In seiner Haushaltsrede 1997/98 konnte der Finanzmister, P. Chidambaran, ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 7 % in den vergangenen drei Jahren melden: doppelt so viel wie die langfristige "Hindu-Wachstumsrate" von 3,5 %. 1996/97 wuchs die Wirtschaft um 6,7 %, die Industrieproduktion sogar um 10,6 %. Als größten Engpaß identifizierte er die Energiewirtschaft: eine rückläufige Erdölförderung und die träge Entwicklung der Elektrizitätserzeugung. Die Devisenbestände erhöhten sich auf 19,5 Mrd. US$ per Ende Februar 1997. Um die Privatisierung von Staatsbetrieben voranzutreiben, wurde im August 1996 eine Disinvestment Commission ins Leben gerufen, die ihre ersten Empfehlungen vorgelegt hat; große Hoffnungen werden auf ausländische Investitionen in die Infrastruktur gesetzt. Institutionelle Anleger aus dem Ausland (Foreign Institutional Investors - FII), die inzwischen 7 Mrd. US$ investiert haben, und Auslands-Inder (Non-resident Indians - NRIs) dürfen derzeit zusammen maximal 24 % der Anteile indischer Unternehmen halten; der Finanzminister schlägt eine Erhöhung auf 30 % vor.

Seit Dezember 1996 erlebt die Börse in Bombay einen neuen Boom und übertraf im Juli 1997 den Vorjahresrekord. Der Börsenwert der Unternehmen, deren Werte international gehandelt werden, erreichte im September 1997 5,36 Mrd. US$ zu internationalen (global depository rights = GDR) und 4,04 Mrd. US$ zu indischen Preisen. Bei aller Euphorie darüber, daß der "Elefant" Indien jetzt "Tigern" Ost- und Südostasiens auf ihrem Wachstumspfad nacheilt, darf man nicht vergessen, daß Indien lange brauchen wird, um den gewaltigen Abstand der durchschnittlichen Einkommen zu denen der Industriestaaten oder auch nur der Schwellenländer in absehbarer Zukunft deutlich zu verringern. Die relative Einkommensverteilung in Indien ist der der Industriestaaten zwar ähnlich; die Einkommen befinden sich aber auf einem so niedrigen Niveau, daß noch immer - je nach Definition - ein Drittel oder mehr der Bevölkerung unter der sog. Armutsgrenze leben, d. h. ihre elementaren Grundbedürfnisse (Nahrung, Kleidung, Wohnung) nicht decken können und sie in ihrer physischen Existenz bedroht sind. Die Weltbank gab 1997 das BSP pro Kopf zu internationalen Paritäten mit (1995) 340 US$ und zur Kaufkraftparität (PPP) mit 1.400 US$ an; das UNDP ermittelte 1997 für 1994 ein "reales" BIP pro Kopf der Bevölkerung von 1.348 US$ und stufte Indien nach dem Human Development Index an 138. Stelle von 175 Staaten ein.

Der Zustrom von ausländischem Kapital reicht noch lange nicht an den Chinas heran; er hat es aber Indien erlaubt, die Auslandsschulden zu verringern; große Sorgen macht aber noch immer die Finanzierung des Staatshaushalt; das Haushaltsdefizit beschleunigt die Inflation; 1996 konnte sie aber deutlich unter 10 % gehalten werden.

Die EU ist weiterhin der größte Handelspartner; bilateral sind es die USA. Die Wirtschaftsbeziehungen zu den USA haben sich verbessert, nachdem Indien der WTO beitrat. Die Hilfe der USA ist aber nach wie vor bescheiden.

Die Rupie wurde verschiedentlich abgewertet; der Wechselkurs gegenüber der D-Mark hat sich wieder stabilisiert; die Schwankungen des US$ gegenüber der D-Mark spiegeln sich angesichts der großen Bedeutung der USA als Wirtschaftspartner Indiens auch in den Kursen der Rupie gegenüber der Mark.

Währung: Indische Rupie (iR bzw. Re., Rs) zu 100 Paise (P.). Offizieller Kurs lt. Dt. Bundesbank (Stand Ende Dez. 1997): 100 Rs = 4,5830 DM (Ankauf) bzw. 4,5351 DM (Verkauf).

Währungsreserven (ohne Gold), jeweils am 31.3.
 
1993/94 1994/95 1995/96 12/1996
Mio. US$ 15.176 20.816 17.126 19.864
Wirtschaftsindikatoren
 
1993/94 1994/95 1995/96 1996/97
BSP zu konstanten Faktorkosten (Mrd. Rs) 2.338 2.499 2.673 2.853
NSP zu konstanten Faktorkosten je Einwohner (Rs) 2.334 2.449 2.573 -
Inflationsrate (%) (Großhandelspreise) 8,4 10,9 7,7 7,2*
Anmerkung: * Dez. 1997 gegenüber Dez. 1996.

Arbeitslosigkeit: 1996 waren 36,8 Mio. Arbeitssuchende registriert.
Quelle: Statistical outline of India 1996-97. p. 154.

Zahlungsbilanz (Mio. US$)
 
1992/93 1993/94 1994/95 1995/96
A. Warenverkehr (1-2) -4.368 -2.386 -4.983 -8.945
Ausfuhren 18.869 22.683 26.857 32.467
Einfuhren 23.237 25.069 31.840 41.412
B. Dienstleistungen -2.294 -2.735 -4.323 -4.385
Nicht-Faktor-Dienstleist. 1.129 535 -371 94
Kapitalerträge -3.423 -3.270 -3.952 -4.479
C. Übertragungen 3.136 3.963 6.672 7.896
Private Übertragungen 2.773 3.595 6.200 7.480
Öffentl. Schenkungen 363 368 472 416
D. Unsichtbare Transaktionen 842 1.228 2.349 3.511
E. Bilanz der lfd. Posten (Leistungsbilanz = A+B+C) -3.526 -1.158 -2.634 -5.434
F. Kapitalverkehr 4.254 10.022 7.593 2.515
Auslandshilfe 1.859 1.901 1.434 780
Kommerz. Kredite - 358 607 1.029 527
IWF-Kredit 1.288 187 -1.146 -1.710
Einlagen der Auslandsinder 2.001 1.205 811 945
Rupien-Schuldendienst - 878 -1.053 -1.050 - 963
Ausländ. Investitionen 555 4.235 4.895 4.143
Sonstige Zahlungen - 213 2.940 1.620 -1.207
G. Devisen - 728 -8.864 -4.959 2.919
Anmerkung: In der Devisenbilanz bezeichnen positive Vorzeichen Abflüsse und negative Vorzeichen Zuflüsse.
Quelle: Economic survey 1996-97. p. 85.

Haushalt der Unionsregierung (Mrd. Rs)
 
1992/93 1993/94 1994/95 1995/96
1996/97
Einnahmen 1.103 1.308 1.598 1.754
1.981
Ausgaben 1.226 1.419 1.607 1.830
2.047
Quelle: Economic survey 1996-97. p. 18. - Statistical outline of India 1996-97. p. 175.

Für 1997/98 wurde ein Haushaltsvolumen von 2.322 Rs angesetzt.
Quelle: Budget at a glance 1997-98.

Die Auslandsverschuldung ging nach indischen Angaben zurück, und zwar von der Rekordhöhe von 99,0 Mrd. US$ im März 1995 auf 91,2 Mrd. US$ im März 1996.
Statistical outline of India 1996-97. p. 169.

Außenhandel (Mio. USS)
 
1992/93 1993/94 1994/95 1995/96
Einfuhr (cif) 21.882 23.306 28.654 36.678
Ausfuhr (fob) 18.537 22.238 26.330 31.797
Quelle: Economic survey 1996-97. p. S-84ff.

Außenhandel Deutschlands mit Indien (Mio. DM)
 
1992 1993 1994 1995 1996
Einfuhr aus Indien 2.688 3.233 3.495 3.604 3.977
Ausfuhr nach Indien 2.840 3.005 3.341 4.574 4.686
Saldo 153 - 228 - 154 970 709
Quelle: Statistisches Bundesamt, Wiesbaden.

Geld, Finanzen, Entwicklungshilfe

Währung: 1 indische Rupie (Rs - nach ISO 4217: INR) = 100 Paise (P); indische Quellen schreiben "Rupee" (Re), Plural: "Rupees" (Rs), und verwenden als Zähleinheiten "Lakh" und "Crore": 1 Crore Rs = 100 Lakh Rs = 10 Mio. Rs. Die feste Parität gegenüber dem britischen Pfund Sterling wurde 1975 zugunsten einer Bindung an einen Korb von Währungen der wichtigsten Handelspartner abgelöst; seit 3.3.1992 ist der US$ (zuvor: brit. Pfund) Interventionswährung. Die indische Rupie verlor gegenüber der DM in der zweiten Hälfte der 80er Jahre und der ersten Hälfte der 90er Jahre jeweils die Hälfte ihres Wertes: der Kurs verschlechterte sich von 4,56 Rs/DM im Jahre 1985/86 auf 9,09 Rs/DM 1989/90 und 22,36 Rs/DM im März 1995; bis September 1997 fiel die Rupie auf unter 36 Rs/US$, verbesserte sich aber Dank des gestiegenen Dollar gegenüber der Mark. Der Stützungskredit des Internationale Währungsfonds (IWF) konnte weitgehend getilgt werden. 1994 wurde die Rupie in Bezug auf die laufenden Posten der Zahlungsbilanz konvertibel; im Januar 1997 wurden die Beschränkungen im Devisenverkehr weiter gelockert.

Währungsreserven (Mio. US$), Jahresende (31.3.)
 
1993/94 1994/95 1995/96 1996/97
Gold 4.078 4.370 4.561 4.246
SZR 108 7 82 122
Devisen 15.068 20.809 17.044 19.742
Währungsreserven 19.254 25.186 21.687 24.110
Änderung der Währungsreserven +9.422 +5.932 -3.499 +2.423 
Nettoziehungen IWF 191 -1.146 -1.710 -1.813
Anmerkung: 1996/97: 31.12.
Quelle: Economic survey 1996-97. pp. S-70f.

Geldumlauf (Mrd. Rs) jeweils Jahresende
 
1993/94 1994/95 1995/96 1996/97
Geldmenge M1 1.626 1.923 2.140 2.245
Geldmenge M3 4.522 5.314 6.039 6.638
Anmerkung: 1996/97: Stichtag 3.1.1997.
Quelle: Economic survey 1996-97. p. S-55.

Staatshaushalt: Entwicklung der letzten Jahre vgl. Wirtschaft im Überblick (Staatshaushalt).

Haushalt der Unionsregierung 1997/98 (Mrd. Rs)
 
Einnahmen Ausgaben
a) Laufender Hasuhalt
Steuern (netto) 1.134 Nicht-Plan 1.459
- Körperschaftssteuer 219 - Zinsen 680
- Einkommensteuer 217 - Verteidigung 267
- Zölle 526 - Subventionen 171
- Verbrauchssteuern 522 - Sonstige Ausgaben 341
- Sonst. Steuern 53
- Abzügl. Anteil der Staaten -403 Plan 376
sonstige Einnahmen 398 - Verteidigung 89
insgesamt 1.531 insgesamt 1.835
Saldo (revenue deficit) 303
b) Kapitalhaushalt
Kreditaufnahme am Markt 338 Plan 253
Auslandshilfe 24 Nicht-Plan 235
Rückzahlung von Krediten 88
Sonstige 340
insgesamt 790 insgesamt 488
Saldo (capital surplus) 302
c) insgesamt 2.322 insgesamt 2.322
Saldo (budgetary deficit) 0
d) Saldo ohne Kredit-aufnahme (fiscal deficit) 655
e) Monetisiertes Fiskal-Defizit 160
f) Primärdefizit (Fiskaldefizit ./. Zinszahlkung) 25
Quelle: Budget at a glance 1997-98.

Haushaltsdefizit: Das indische Finanzministerium verwendet verschiedene Maße, die trotz der gemeinsamen Bezugsgröße (BIP zu laufenden Marktpreisen) höchst unterschiedliche Werte ergeben, so 1996-97 (Schätzung lt. Jahreswirtschaftsbericht 1996/97): das Haushaltsdefizit (budget deficit: 0,5 %), das Defizit im laufenden Haushalt (revenue deficit: 2,5 %), das Fiskaldefizit (gross fiscal deficit: 5,0 %) und ein primäres Defizit, dem das Fiskaldefizit ohne Zinszahlungen zugrunde liegt (gross primary deficit: 0,2 %); diese Erwartungswerte könnten sich als zu optimistisch herausstellen: die Werte für die Vorjahre lagen höher.

Öffentliche Verschuldung der Zentralregierung (Mrd. Rs)
 
1993/94 1994/95 1995/96 1996/97
Interne öff. Verschuldung 4.306 4.877 5.533 6.132
dito, % des BIP 53 51 50 49
Externe öff. Verschuldung 1.278 1.425 1.484 .
dito, % des BIP 16 15 14 .
Verschuldung insgesamt 5.584 6.302 7.017 .
dito, % des BIP 69 66 64 .
Bruttozinszahlungen 266 310 375 460
Nettozinszahlungen 217 283 336 386
zum Vergleich:
Alle Ausgaben 1.419 1.607 1.830 2.047
Steuereinnahmen (netto) 534 675 811 973
Anmerkung: Auslandsverschuldung bewertet mit den jeweiligen Wechselkursen; 1995-96: rev. Schätzung, 1996-97: Schätzung.
Quelle: Economic survey 1996-97. p. 18.

Bankwesen: Seit 1969 wuchs die Zahl der Filialen von 8.262 auf (1996) 62.881. 57 % aller Zweigstellen sind (1994) in ländlichen Gemeinden. Die Einlagen der Geschäftsbanken haben sich seit 1986 auf 4.751 Mrd. Rs. im Jan. 1997 mehr als verzehnfacht. Im Zuge der Reform des Finansektors gab es seit 1991 eine Reihe von einschneidenden Änderungen:

Die Mindestreserve (cash reserve ratio - CRR) von zuletzt 10 % wurde per 13.4.1997 aufgehoben. Die Zinssätze für Kredite ab 200.000 Rs wurden völlig freigegeben. Die State Bank of India (SBI) darf jetzt bis zu 10 % des Stimmrechtes auf die Anteilseigner übertragen. Die indische Zentralbank (RBI) mobilisierte mehr als 24 Mrd. Rs auf dem Kapitalmarkt (public issues and bonds). Die RBI hält jetzt 67 % der Anteile an der SBI gegenüber früher 99 %. Der Banking Companies Act wurde dahingehend geändert, daß sich die verstaatlichten Banken auf dem Kapitalmarkt finanzieren dürfen (Verschuldung und Anteile).

Zehn neue Privatbanken haben bereits den Betrieb aufgenommen; weitere sind in der Planung; ausländische institutionelle Anleger dürfen bis zu 20 %, Auslandsinder bis zu 40 % des Kapitals stellen. Rückstellungen für notleidende Kredite werden verstärkt. Bis März 1996 hatten die State Bank of India mit allen Töchtern, 11 der 19 verstaatlichten Banken sowie die ausländischen Banken eine Eigenkapitaldeckung von 8 % erreicht.
Quelle: Economic survey 1996-97. S. 43-44.

Banken, die die Bedingungen in puncto Eigenkapital und Bilanzierung erfüllen, können neue Filialen eröffnen und ihre Dienste erweitern; sie dürfen auch unrentable Zweigstellen auf dem Lande schließen.

Als Aufsichtsbehörde wurde ein Board of Financial Supervisioneingerichtet. Auf der Grundlage des Bank and Financial Institutions Act, 1993wurden spezielle Gerichte (Special Recovery Tribunals) in vorerst fünf Städten (Calcutta, Delhi, Jaipur, Allahabad, Bangalore) sowie eine Appelationsinstanz (Bombay) eingerichtet. Im Oktober 1993 wurde endlich eine Übereinkunft erzielt, die elektronische Datenverarbeitung beschleunigt einzuführen.

Die Sparzinsen wurden von 5,0 % auf 4,5 % gesenkt. Die Höchstgrenze von 500 Mio. Rs für ein Projekt für jede Bank wurde aufgehoben und die Grenze für die Finanzierung für das Bankensystem insgesamt von 2 Mrd. Rs auf 5 Mrd. IR angehoben.

Als Folge der Liberalisierung des Finanzsektors und der zunehmenden Konvertierbarkeit der Rupie hat die Kapitalflucht ins Ausland und in Sachwerte (Gold, Immobilien) abgenommen; der Schwarzmarktkurs des US-Dollar dürfte nahe dem offiziellen Umwechselkurs liegen und ohne große Bedeutung sein.

Zentral- und Notenbank ist die 1949 verstaatlichte (1935 gegründete) Reserve Bank of India (Einlagen 3/1994: 6.557 Mrd. Rs). 1996 waren in Indien 29 ausländische Banken mit 151 Zweigstellen tätig; sie hatten Einlagen von 209 Mrd. Rs; die größten waren Citibank (6 Zweigstellen, 50 Mrd. Rs), ANZ Grindlays Bank (56; 45 Mrd. Rs), Standard Chartered Bank (24; 23 Mrd. Rs), und an 9. Stelle die Deutsche Bank mit Filialen in Bombay und New Delhi (5 Mrd. Rs). Seit 1969, resp. 1980, ist der größte Teil der Banken staatlich, auf sie entfallen 90 % des Geschäfts. Die größte Geschäftsbank ist die State Bank of India (SBI) mit (1991) 8.513 Filialen und Einlagen von 436 Mrd. Rs. Spezialinstitute: National Bank for Agriculture and Rural Development (NABARD), Industrial Development Bank of India (IDBI), Industrial Finance Corporation (IFC), State Financial Corporations (SFCs), Industrial Credit and Investment Corporation (ICIC), Life Insurance Corporation (LIC), Industrial Reconstruction Bank of India (IRBI), Export-Import Bank of India (Exim Bank), Housing and Urban Development Corporation (HUDCO), National Housing Bank (NHB).

Entwicklungshilfe: Indien nahm - nach eigenen Angaben - von 1984/85 bis 1995/96 36,8 Mrd. US$ Kredite und 4,0 Mrd. US$ Schenkungen in Anspruch; die Ermächtigungen lagen in allen Jahren - vor allem bei den Krediten - wesentlich höher. In den Jahren zuvor, von 1960 bis 1984, beliefen sich die öffentlichen Nettoleistungen der im Development Assistance Committee (DAC) zusammengeschlossenen OECD-Länder auf 18,7 Mrd. US$.

Ausgezahlte Hilfe der wichtigsten Geber (Mio. US$)
 
1992/93 1993/94 1994/95 1995/96
Consortium: 3.157 3.497 2.891 2.671
- Weltbank (IBRD+IDA) 1.958 1.953 1.763 1.329
- Japan 447 1.074 707 641
- Deutschland 355 217 185 186
- Niederlande 87 44 42 110
- Großbritannien 101 71 68 85
- Frankreich 116 58 25 58
- Schweden 37 48 65 34
- USA 25 6 11 11
ADB 344 194 506 572
EU 14 29 37 41
Schweiz 38 27 22 5
Gesamt einschl. andere 3.589 3.769 3.478 3.307
Quelle: Economic survey 1996-97. p. S-103f.

Indien empfing lange Zeit mehr Entwicklungshilfe als jedes andere Land (1989 wurde es von China überholt). Seitdem die USA ihre Hilfe an Indien fast vollständig eingestellt haben, dominiert die multilaterale Hilfe, vor allem der Weltbank und der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB). Pro Kopf der Bevölkerung beläuft sich die Hilfe auf wenig mehr als 3 US$ brutto. Der Schuldendienst ist fast viermal so hoch wie die (brutto) Hilfe-Zuflüsse: 1995/96 4,3 Mrd. US$ Zinsen und 8,0 Mrd. US$ Rückzahlungen. Bedeutendster bilateraler Geber ist Japan, gefolgt von Deutschland. Die Staaten des ehemaligen Ostblocks spielen keine Rolle mehr.

Indien war auch 1996 das wichtigste Partnerland der deutschen bilateralen Entwicklungszusammenarbeit; diese verfolgt sowohl die Armutsbekämpfung als auch die Stärkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. In der Finanziellen Zusammenarbeit gewährte die Bunderegierung einen Betrag von 300 Mio. DM, davon 198 Mio. DM als langfristige und zinsgünstigen Kredite und 102 Mio. DM in Form von Zuschüssen. Außerdem wurden 181,1 Mio. DM aus früheren Zusagen reprogrammiert. Die Darlehenszusagen 1996 erstreckten sich u.a. auf die Verbesserung des Eisenbahnwesens, die Errichtung eines ersten Solar-Kombikraftwerkes sowie die Unterstützung der Reformen des Energiesektors. Nichtrückzahlbare Zuschüsse im Rahmen des Armutsbekämpfungsprogramms wurden für die Polioimpkampagne, ein Gesundheitsprogramm, den Einfachwohnungsbau sowie für Vorhaben zur ländlichen Entwicklung bereitgestellt. Für Vorhaben der Technischen Hilfe wurden 1996 Mittel in Höhe von 34,2 Mio. DM neu zugesagt und 9,4 Mio. DM aus Zusagen früherer Jahre reprogrammiert.

Die bilateralen Leistungen der BR Deutschland erreichten von 1950 bis 1994 11,69 Mrd. DM. Die Zusagen der finanziellen Zusammenarbeit (FZ) beliefen sich im selben Zeitraum auf 11,27 Mrd. DM und die technische Zusammenarbeit und sonstige Zuschüsse auf 2,65 Mrd. DM. Zum 31.12.1994 gab es 729 Projekte, 53 Experten waren im Einsatz, 17 Stipendiaten wurden gefördert. Bisher gab es 3.899 indische Stipendiaten.

Indien ist auch Geber von Entwicklungshilfe: Bis März 1995 gewährte Indien Zuwendungen in Höhe von 16 Mrd. Mrd. Rs und Kredite von 12 Mrd. Rs, davon wurden 15 Mrd. Rs resp. 9 Mrd. Rs ausgezahlt. Hauptempfänger waren Bhutan, Nepal, Bangladesh und Sri Lanka.
Quelle: Statistical outline of India 1996-97. S. 173.

Wirtschaft und Außenhandel

Wirtschaftsstruktur: Indien ist nach wie vor ein Agrarland, produziert aber auch eine breite Palette von industriell gefertigten Konsum- und Investitionsgütern und verfügt über eine leistungsfähige Nuklear-, Rüstungs- und Weltraumtechnologie. Zu den zehn höchstindustrialisierten Ländern, wie häufig behauptet wird, zählt Indien aber nicht; den Angaben des Weltentwicklungsberichtes 1997 zufolge ist Indien an 16. Stelle einzuordnen; Tata Services in Bombay stufte Indien 1996 der industriellen Wertschöpfung nach an 19. Stelle ein.
Quelle: Statistical outline of India 1996-97. S. 226.

Die Landwirtschaft stellt noch immer das Rückgrat der indischen Volkswirtschaft dar, verliert aber ständig gegenüber der Industrie und den Dienstleistungen an Bedeutung. Sie erwirtschaftet nur noch ein Drittel des BIP, aber immer noch leben drei Viertel der Bevölkerung direkt von ihr; und obgleich mit dem Einsatz von Hochleistungssorten und chemischen Düngemitteln auf bewässerten Feldern die Modernisierung des Agrarsektors vorangetrieben wird, sind zwei Drittel der kultivierten Fläche abhängig von den Monsunregen und dienen vor allem der Subsistenz.

Wirtschaftsplanung: Nach der Unabhängigkeit gehörte Indien lange zu den eher langsam wachsenden Entwicklungsländern. Das Sozialprodukt (BSP zu konstanten Faktorkosten) nahm im Durchschnitt der Jahre von 1951-52 bis 1992-93 um durchschnittlich 3,9 % zu, kein spektakuläres Ergebnis, aber doch genug, um spürbare Strukturveränderungen und gleichzeitig eine bescheidene Zunahme des Pro-Kopf-Einkommens zuzulassen. Der Aufschwung der letzten Jahre mit einer jährlichen Zunahme von 6,3 % (1992/93 bis 1995/96) ging einher mit verstärktem Gewicht auf privater Unternehmensentscheidung; entscheidende Grundlagen waren aber mit dem Aufbau einer eigenen Schwerindustrie in den Jahrzehnten der Planwirtschaft gelegt worden. Während der ersten sechs Fünfjahrespläne (ab 1951) wuchs der Anteil des sekundären Sektors von 15 % auf 23 % des Sozialprodukts. Besonders aktiv war der Staat in der Kapitalbildung, die sich zu 50 % - 60 % im öffentlichen Sektor vollzog. Die Zusammensetzung der industriellen Produktion hat sich verändert: Dominierten vor 40 Jahren noch Konsumgüter mit drei Vierteln des Bruttoproduktionswerts, so werden heute zu über 60 % intermediäre und Kapitalgüter bzw. Inputs wie Elektrizität erzeugt. Dementsprechend stieg die Sparquote von 10 % zu Beginn der 50er Jahre auf über 25 % (1995-96: 25,6 %). Die Expansion von öffentlicher Verwaltung, Verkehrs- und Nachrichtenwesen erhöhte den Anteil des Dienstleistungssektors von 29 % (1950-51) auf 42 % (1995-96). Die landwirtschaftliche Produktion stieg schneller als die Bevölkerungszahl, aber geringer als das Sozialprodukt insgesamt. Da die Einkommen ungleich verteilt sind, hungern viele trotz einer ausreichenden Pro-Kopf-Produktion. Es werden mehr Agrarerzeugnisse exportiert als importiert; bei den Exporten handelt es sich vor allem um Genußmittel (Tee) und Gewürze. Die Importsubstitutionspolitik, aber auch die Ölpreisschocks der 70er Jahre, veränderten die Importstruktur in Richtung auf intermediäre und Kapitalgüter.

Der 8. Fünfjahresplan (1992/93 bis 1996/97) konnte in etwa erfüllt werden; seine Ziele waren: 210 Mio. t Nahrungsgetreide, 23 Mio. t Ölsaaten, 14 Mio. Ballen Baumwolle, 9,5 Mio. Ballen Jute, 89 Mio. ha Bewässerung, 99,6 Mrd Kwh Elektrizität, 61,6 Mio. t Petroleum, 23,2 Mio t Stahl, 200.000 Lkws, 76 Mio. t Zement, 9,8 Mio. t Stickstoff- und 3,0 Mio. t Phosphat-Düngemittel, ein BIP/FK von 6.825 Mrd. Rs (1991/92er Preise), und eine gesamtwirtschaftliche Wachstumsate (BIP) von 5,6 %. Dem 8. Plan gingen zwei Jahrespläne voraus; in der 7. Planperiode (1985-1990) wurde das gesetzte Ziel eines durchschnittlichen jährlichen Wachstums des BIP von 5 % mit 5,8 % übertroffen.

Der Entwurf des 9. Fünfjahresplanes (1997/98-2001/02) sieht eine Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (BIP) von 6,2 % auf 7,0 % vor und - bezogen auf das BIP - Steigerungen der inländischen Ersparnis von 25,2 % auf 26,2 %, der Investitionen von 26,9 % auf 28,6 %, der Steuern auf 17,5 %, des Leistungsbilanzdefizits von 1,7 % auf 2,4 %, der Ausfuhren von 12,0 % auf 14,5 % und der Einfuhren von 11,4 % auf 15,3 %.
Quelle: Statistical outline of India 1996-97. S. 222.

Bruttosozialprodukt*
 
1992/93 1993/94 1994/95 1995/96 1996/97
Lfd. Preise (Mrd. Rs) 6.190 7.195 8.433 9.678 .
Reales Wachstum (%) 5,2 6,0 6,9 7,0 6,7
Anmerkung:* Haushaltsjahr: April-März; Ergebnisse vorläufig, 1996-97: Schätzung.
Quelle: Economic survey 1996-97. p. 2 und p. S-3f.

Zusammensetzung des Sozialprodukts (%)
 
1969/70 1979/80 1989/90 1995/96
Primärsektor (Landwirtschaft, Forsten, Fischerei, Bergbau) 45,1 37,6 33,9 28,8
Sekundärsektor (verarb. Industrie, Bau, Elektrizität etc.) 23,0 25,4 27,0 29,2
Handel, Transport, Kommunikation 14,3 16,9 18,3 20,0
Finanzwesen, Immobilien 8,1 9,3 9,9 11,3
Sonstige Dienstleistungen(einschl. Staat, Verteidigung) 9,6 10,8 10,9 10,7
Bruttoinlandsprodukt zu Faktorkosten von 1980/81 100 100 100 100
Quelle: Economic survey 1996-97. p. S-5.

Beschäftigung: Bei der Volkszählung 1991 waren von den 279 Mio. Erwerbstätigen (main workers) 216 Mio. Männer und 63 Mio. Frauen. Die Landwirtschaft beschäftigte 67 % der Arbeitskräfte: 107 Mio. abeiteten als Landwirte und 74 Mio. als Landarbeiter; weitere 5 Mio. waren mit Viehzucht, Forstwirtschaft und Fischerei beschäftigt. Die Zahl der Arbeitskräfte stieg in den 10 Jahren seit 1981 um 58 Mio. (+ 26 %); 34 Mio. (59 %) kamen in der Landwirtschaft unter. Der tertiäre Sektor war vergleichsweise aufnahmefähiger: hier stieg die Zahl der Arbeitskräfte um 46 %.

Über das Ausmaß der Erwerbslosigkeit gibt es mangels einer einheitlichen Begriffsbestimmung und solider Daten keine genauen Angaben. Im März 1996 waren 36,8 Mio. Inder bei den Arbeitsämtern gemeldet. Nimmt man das Einkommen zum Maßstab, so sind bis zu einem Drittel der Erwerbsbevölkerung als teilweise oder völlig unterbeschäftigt anzusehen. Die indische Regierung legt in ihrem Jahreswirtschaftsbericht 1996/97 keine neuen Zahlen zur Arbeitslosigkeit vor, weil die Berechnungsmethode geändert wird; zu Beginn des 8. Fünfjahresplanes (1992-97) galten 17 Mio., darunter 7 Mio. educated, als offen arbeitslos und weitere 6 Mio. als ernsthaft unterbeschäftigt.

Die soziale Absicherung der Erwerbslosen erfolgt durch die Familie; das Ausmaß der versteckten Arbeitslosigkeit ist groß, die Übergänge sind in der Landwirtschaft (Tagelöhner), im Kleinhandel und bei den Dienstleistungen fließend, vielen bleibt nur das Betteln.

Offen ist, wie bei der Liberalisierung der Wirtschaft mit dem beträchtlichen Überbesatz (redundancy) an Arbeitskräften im öffentlichen Dienst und den vielfach "kranken" Betrieben (sick industries) zu verfahren ist; 1995 waren 271.206 Unternehmen als "krank" gemeldet; sie schuldeten den Banken 137 Mrd. Rs: 6,7 % gemessen am Kreditvolumen, 13,3 % der Ausleihungen an den Industriesektor. Angesichts fehlender klarer Mehrheitsverhältnisse im Parlament ist vorerst mit keiner umfassenden exit policy zu rechnen, die das Ausscheiden der überzähligen Arbeitskräfte regeln soll. Der Staat beschäftigte 1995 19,5 Mio. Personen, davon die Zentralregierung 3,4 Mio., die Unionsstaaten 7,4 Mio., staatsnahe Einrichtungen 6,5 Mio. und die Gemeinden (local bodies) 2,2 Mio. Fast die Hälfte davon (9,5 Mio.) war im Bereich der staatlichen Dienstleistungen (community, social and personal services) tätig, weitere 3,1 Mio. im Verkehrs- und Nachrichtenwesen, 1,8 Mio. im verarbeitenden Gewerbe, 1,3 Mio. im Bereich der Finanzdienstleistungen (Banken), 1,2 Mio. im Baugewerbe, 1,0 Mio. im Bergbau, 0,9 Mio. bei Wasser und Energie und die übrigen in der Land- und Forstwirtschaft und im Handel.

Die Privatwirtschaft, d.h. nicht-landwirtschaftliche Betriebe mit 10 oder mehr Beschäftigten, hatten (1995) mit 8,1 Mio. einen viel geringeren Anteil am Arbeitsmarkt als der Staat; mehr als die Hälfte von ihnen (4,7 Mio.) arbeiten in der Industrie. Diese Statistik leidet aber unter erheblichen Unterzählungen, vor allem im Baugewerbe.

Beschäftigung nach Sektoren (Mio.)
 
1981 1991
Landwirte 91,5 107,1
Landarbeiter 55,4 73,8
Viehzucht, Forsten, Fischerei, Plantagen 5,0 5,3
Verarbeitendes Gewerbe 24,9 28,4
Bergbau 1,3 1,7
Baugewerbe 3,7 5,4
Handel 14,0 20,8
Verkehrs- und Nachrichtenwesen 6,1 7,8
Sonstige Dienstleistungen 18,9 28,5
Arbeiter (main workers) insgesamt 220,7 278,9
Anmerkung: Ohne Assam und Jammu and Kashmir.
Quelle: Statistical outline of India 1996-97. S. 42.

Preise (Jahresende)
 
1992/93 1993/94 1994/95 1995/96
Großhandel (Index, 1981/82 = 100) 229 248 275 296
Verbraucher, Landarbeiter (Index, 1986-87 = 100) . . . 237
Verbraucher, städt. Angestellte (Index, 1984-85 = 100) 205 222 244 .
Quelle: Economic survey 1996-97. pp. S-63ff.

Landwirtschaft: Der Agrarsektor beschäftigt zwei Drittel der Arbeitskräfte und trägt zu jeweils einem Drittel zum Sozialprodukt und zu den Exporterlösen bei. Von den 305 Mio. ha Berichtsfläche werden von der amtlichen Statistik für 1992/93 68 Mio. ha Wald, 41 ha Unland, 11 Mio. ha Wiesen und Weiden, 4 Mio. ha Dauerkulturen, 15 Mio. ha Ödland, 24 Mio. ha Brache und 143 Mio. ha (Netto-)Anbaufläche ausgewiesen. Auf 43 Mio. ha wurde mehr als einmal im Jahr geerntet; damit betrugen die (Brutto-)Anbau(= Ernte)fläche 189 Mio. ha und die Anbauintensität 130 %; schließt man die Brache mit ein, so sinkt die Anbauintensität auf 112 %. Nahrungsgetreide - dazu zählen in Indien auch Hülsenfrüchte - beansprucht mit 125 Mio. ha die meiste Fläche, vor allem Reis (42 Mio. ha), Weizen (24 Mio. ha), Jowar (13 Mio. ha), Bajra (11 Mio. ha) und Mais (6 Mio. ha). Unter den Hülsenfrüchten ist Gram (Kichererbsen, 6,4 Mio. ha) hervorzuheben. Unter den Ölsaaten nehmen Erdnuß (8,5 Mio. ha) und Raps- und Senfsamen (5,8 Mio. ha) die meiste Fläche ein, bei den Textilfasern sind es vor allem Baumwolle (8,0 Mio. ha); unter den sog. Plantagengewächsen Tee (0,4 Mio. ha), Gummi (0,5 Mio. ha) und Kaffee (0,3 Mio. ha), bei Obst Bananen (0,4 Mio. ha), bei Gemüse Kartoffeln (1,1 Mio. ha), bei Gewürzen Chillies (0,8 Mio. t) und schwarzer Pfeffer und schließlich Zuckerrohr (3,8 Mio. ha) und Tabak (0,4 Mio. ha). Die Anbauflächen der einzelnen Früchte sind unterschiedlich von Jahr zu Jahr.

In der Besitzstruktur dominieren kleine und kleinste (private) Betriebe. 59 % der 105 Mio. landwirtschaftlichen Betriebe, die bei der Landwirtschaftszählung 1990-91 erfaßt wurden, hatten weniger als 1 ha; zusammen bewirtschafteten sie 25 Mio. ha oder 15 % der gesamten Betriebsfläche von 166 Mio. ha. Die 1,6 % Betriebe mit 10 und mehr ha bewirtschafteten 17,4 % der gesamten Fläche. Rund ein Drittel der ländlichen Haushalte besitzt keinen Boden.

Nach der indischen Verfassung liegt die Gesetzgebungskompetenz für Landwirtschaft bei den Unionsstaaten, die sich auf diesem Gebiet in unterschiedlichem Maße und mit unterschiedlichem Erfolg engagierten. Weniger staatliche Eingriffe als die steigende Anzahl der Bevölkerung und die vorherrschende Erbsitte der Realteilung haben zu einer Auflösung großen Landbesitzes geführt. Vielfach wurden die Ländereien auch auf die Familienmitglieder aufgeteilt, um möglichen Enteignungen zuvorzukommen. Halbfeudale Eigentumsverhältnisse haben sich aber in vielen Gebieten noch immer gehalten; nur in West-Bengalen und in Kerala gelten die Landreformen als erfolgreich.

50 Mio. ha oder 35 % der 143 Mio. ha Anbauflächen werden (netto) künstlich bewässert (brutto: 66 Mio. ha von 186 Mio. ha). Das Potential wird im Jahreswirtschaftsbericht 1996-97 mit 89 Mio. ha angegeben, die Nutzung mit 80 Mio. ha.

1996/97 wurden 16,4 Mio. t Düngemittel (Nährstoff) ausgebracht; die Produktion betrug 11,7 Mio. t, die Importe lagen 1995/96 bei 4,0 Mio. t. Der Düngemittelverbrauch von 117 kg Nährstoff je Hektar Nettoanbaufläche (1996/97) ist mehr als doppelt so hoch wie vor zwei Jahrzehnten, im internationalen Vergleich aber noch immer gering. Der Abbau der Düngemittelsubventionen wurde angekündigt und wieder zurückgenommen; sie erreichten 1995/96 die Rekordhöhe von 62 Mrd. Rs. Hochertragssorten werden auf (1992/93) 91 % der Anbauflächen von Weizen, 68 % von Reis, 53 % von Jowar und Bajra und 50 % von Mais angebaut. Die Flächenerträge werden zwar beständig gesteigert, sind aber noch immer niedrig im internationalen Vergleich; im Durchschnitt der Jahre 1990-93 17,3 dt bei Reis (aber 27,2 dt bei der Rabi-Ernte im Winter, meist unter Bewässerung), 23,3 dt bei Weizen, 650 dt bei Zuckerrohr und 157 dt bei Kartoffeln. Indien ist bei Nahrungsgütern per Saldo Selbstversorger; in den letzten beiden Jahrzehnten waren die Exporte fast immer höher als die Importe. An die Stelle der in den 60er Jahren bedeutenden Getreideimporte, die Ende der 80er Jahre fast völlig zurückgingen (1995/96: 24 Mio. US$), sind die politisch weniger brisanten Importe von Speiseölen und -fetten getreten (1995/96: 676 Mio. US$); sie hatten zeitweise bis zu 1 Mrd. US$ im Jahr betragen.

Die Produktionssteigerungen haben noch zu keiner nachhaltigen Verbesserung der allgemeinen Ernährungslage geführt; dies ist auch eine Frage der Verteilung, auf die die Geber mit ihrer Nahrungsmittelhilfe und die indische Regierung mit Preisregulierungen und einem staatlichen Verteilungssystem versuchen, Einfluß zu nehmen.

Indien ist (1994) weltgrößter Produzent von Tee, Jute, Hülsenfrüchten, Hirse und Sesam und steht bei Zucker, Reis, Rapssaat, Seide und Zwiebeln an zweiter Stelle. Tee und Jute werden zu einem großen Teil exportiert.

Landwirtschaftliche Produktion (Mio. t)
 
1992/93 1993/94 1994/95 1995/96
Reis 72,9 80,3 81,8 79,6
Weizen 57,2 59,8 65,8 62,6
Jowar 12,8 11,4 9,0 9,6
Mais 10,0 9,6 8,9 9,4
Kartoffeln 15,2 17,4 17,4 19,2
Zuckerrohr 228,0 229,7 275,5 282,9
Tee 0,8 0,8 0,8 0,8
Baumwolle (Mio. Ballen) 11,4 10,7 11,9 13,1
Jute und Mesta (Mio. Ballen) 8,6 8,4 9,1 8,9
Quelle: Economic survey 1996-97. pp. S-16ff.

Pro-Kopf-Versorgung (kg/Jahr)
 
1992/93 1993/94 1994/95 1995/96
Getreide 156,2 158,4 171,0 169,4
Hülsenfrüchte 13,2 13,6 13,9 12,4
Speiseöl + Vanaspati 6,8 7,2 7,3 8,2
Zucker 13,7 12,5 13,2 14,1
Quelle: Economic survey 1996-97. pp. S-24f.

Viehwirtschaft: Gemessen an den Tierbeständen liegt Indien an der Weltspitze mit (1993, FAO) 193 Mio. Rindern, 79 Mio. Büffeln, 1,5 Mio. Kamelen, 10,5 Mio. Schweinen, 118 Mio. Ziegen, 45 Mio. Schafen und 435 Mio. Hühnern.

Fleischgewinnung: Die Inder sind meist Vegetarier; entsprechend gering ist die Fleischerzeugung mit (1993 FAO) 1,28 Mio. t Rind-, 1,18 Mio. t Büffel-, 0,17 Mio. t Schaf-, 0,47 Mio. t Ziegen-, 0,37 Mio. t Schweine- und 0,41 Mio. t Geflügelfleisch: insgesamt pro Kopf 4,4 kg im Jahr oder 12 g am Tag. Die Tendenz ist steigend: seit Beginn der 80er Jahre ist der Fleischverzehr um die Hälfte gestiegen, der von Geflügelfleisch hat sich mehr als verdreifacht.

Tierprodukte: Indien steht weltweit in der Milchproduktion an zweiter Stelle mit (1993, FAO) 30,5 Mio. t Büffel-, 30,4 Mio. t Kuh- und 2,2 Mio. t Ziegenmilch; dazu kommen 1,56 Mio. t Eier (1979-81: 0,57 Mio. t), 16.000 t Rohseide, 35.000 t Wolle und über 1 Mio. t Häute und Felle.

Forstwirtschaft: Die Forstwirtschaft trägt mit 1,7 % zum Bruttoinlandsprodukt bei, durch (1989-91) 24 Mio. m3 Rundholz und vor allem durch 250 Mio. m3 Brennholz. Da es in vielen Gebieten an Alternativen als Hausbrand fehlt und die Aufforstung mit dem Einschlag nicht Schritt hält, wird dort der Wald in einer ökologisch bedrohlichen Weise reduziert.

Fischerei: Die Fangerträge stiegen auch 1995/96 an und erreichten 2,7 Mio. t in der See- und 2,2 Mio. t in der Binnenfischerei, insgesamt 4,9 Mio. t. Indien liegt damit international an 7. Stelle. Die Fischerei hat sich zu einem wichtigen Exportsektor entwickelt mit Exporterlösen in Höhe von (1995/96) 1.011 Mio. US$; die Fischerei erzielt normalerweise höhere Exporterlöse als Tee oder irgend ein anderes Agrarprodukt (Ausnahme 1995/96: Reis).

Umweltprobleme: Übernutzung des Bodens und Holzeinschlag verringern die Wasserhaltefähigkeit der Bergwälder, fördern Bodenerosion und Überschwemmungen; durch unsachgemäße Bewässerung nimmt die Bodenversalzung und -vernässung zu. Von kleinräumigen Klimaveränderungen wird berichtet. In der indischen Öffentlichkeit gibt es seit langem aktive Bewegungen zum Umweltschutz, etwa die Chipko-Bewegung zum Schutze des Baumes. Die großen Bewässerungsprojekte, etwa zum Aufstauen des Narmada, stoßen wegen der Eingriffe in den Naturhaushalt und die Vertreibung von Zehntausenden auf heftigen Widerstand. In Bezug auf die befürchtete Aufheizung der Atmosphäre ist der sog. Treibhaus-Index von Interesse: nach einer indischen Zusammenstellung (Statistical outline of India 1996-97. p. 237) werden in Indien mehr Kohlenstoff-Heizwert-Äquivalente (1988/89: 0,5 t pro Kopf der Bevölkerung) freigesetzt, als in Deutschland (3,7 t pro Kopf).

Umweltprobleme existieren aber auch in den Städten: Luftverschmutzung durch Kraftwerke und Straßenverkehr in einem in Europa unbekannten Ausmaß, Verseuchung des Grundwassers weil Kläranlagen fehlen, ungeregelte Abfalldeponien, Schadstoffbelastung der Flüsse und Lärm. Sie bedeuten massive Gesundheitsrisiken (Pest 1994).

Bodenschätze: Indien hat reichhaltige Reserven (recoverable reserves) an Eisenerz (1996: 9,8 Mrd. t), das zum größten Teil exportiert wird, und an Bauxit (2,3 Mrd. t), was zu ehrgeizigen Plänen zum Ausbau der Aluminiumindustrie geführt hat. Beträchtlich sind auch die Vorkommen an Kohle (Kokskohle 3,7 Mrd. t, sonstige Kohle 46,4 Mrd. t), Manganerz (65,5 Mrd. t), Kupfer (3,5 Mio. t), Zink (5,9 Mrd. t) und seltenen Erden. Ferner befindet sich in Indien das größte derzeit bekannte Lager von Thoriumoxid, einem wichtigen Ausgangsmaterial für radioaktive Brennstoffe. Für den Außenhandel sind neben Kohle, Eisen und Bauxit vor allem Mangan, Chrom, Titan und Antimon von Bedeutung; das Land ist der Hauptanbieter von Glimmer auf dem Weltmarkt. Ferner werden Erdöl, Zink, Blei, Phosphat, Feldspat, Baryt, Kyanit, Sillimanit, Asbest, Korund, Gold, Silber und Edelsteine gefördert.

Fördermengen 1994/95 (1993/94) in Mio. t: Steinkohle 255 (246); Erdöl 32,2 (27,0); Bauxit 4,6 (5,7); Chromerz 0,87 (1,06); Kupfererz 4,8 (5,0); Eisenerz 60,7 (58,3); Manganerz 1,7 (1,7); Kalkstein 88,6 (83,7), Gips 1,5 (1,7), Glimmer 2.400 t (2.400 t), Bleikonzentrate 0,05 (0,05), Zinkkonzentrat 0,25 (0,28), Gold 2.376 kg (2.076 kg). 1993/94 wurden 18,3 Mrd. m3 (18,1 Mrd. m3) Erdgas gefördert, 16,3 Mrd. m3 (16,1 Mrd. m3) wurden genutzt. 1993/94 wurden nur noch 10 % des geförderten Erdgas abgefackelt.
Quelle: Statistical outline of India 1996-97. p. 87.

Energiewirtschaft: Die Energieversorgung wurde von der Regierung als einer der größten Engpässe der industriellen Entwicklung erkannt; die Nutzung der einheimischen Kohle und Wasserkraft ließ eine übergroße Abhängigkeit von Öl-Importen vermeiden: nach UN-Angaben wurde der Energiebedarf 1993 zu 51 % durch Kohle, 19 % durch Erdöl, 4 % durch Erdgas, 3 % durch Primärenergie (Wasserkraft, Kernenergie) und zu 23 % durch traditionelle, nicht-kommerzielle Energieträger gedeckt; der in den Haushalten in jedem Jahr verbrannnte Dung hat allein einen Brennwert von 35 Mio. t Kohle. Der indische Pro-Kopf-Energieverbrauch ist mit 14 Gigajoules (BRD: 172) einer der niedrigsten der Welt.

Nicht eingerechnet in diese Zahlen ist die Leistung der 80 Mio. Zugtiere in der Landwirtschaft, mit denen immer noch 80 % der Arbeiten verrichtet werden. Sie ist - nach indischen Angaben - mit 80 Gigawatt (GW) zu veranschlagen und entspricht fast der Leistung aller indischen Elektrizitätswerke.

Energiebilanz in 1.000 Terajoule (1 Terajoule = 1012Joule)
 
1989 1990 1991 1992
Primärenergieproduktion 6.971 7.191 7.758 7.915
davon: Kohle 4.946 5.046 5.656 5.943
Erdöl 1.435 1.431 1.340 1.191
Erdgas 316 389 438 456
Elektrizität 274 325 323 325
Lagerbestandsveränderungen 33 35 208 124
Import 1.184 1.306 1.482 1.707
Export 10 18 17 17
Bunker, See- und Luftverkehr 39 37 36 36
Verwendung nicht zurechenbar 506 518 493 423
Energieverbrauch 10.192 10.617 11.288 11.888
- Kohle 5.068 5.257 5.672 6.026
- Erdöl 1.903 1.914 2.049 2.209
- Erdgas 316 389 438 456
- Elektrizität 279 330 328 330
- Traditionelle Energie 2.626 2.727 2.800 2.867
Energieverbrauch pro Kopf (TJ) 12 13 13 14
Quelle: UN Energy Statistics Yearbook 1993, S. 82-83 und S. 106.

Der Energieverbrauch verdoppelt sich etwa alle zehn Jahre, die Produktion bleibt weit hinter dem Bedarf zurück. Der Mangel an Devisen verbietet Importe in großem Stil, und aus Gründen des Umweltschutzes wird ein verringerter Einsatz traditioneller Energieformen (Brennholz) angestrebt. Die indische Regierung setzt neben dem weiteren Ausbau der Kohle- und Erdölförderung und eine stärkeren Nutzung von Erdgas und (in begrenztem Maße) Wasserkraft vor allem auf Kernenergie.

In ihrem Infrastruktur-Bericht (1996) schätzt die ind. Regierung die Reserven an Steinkohle auf 186 Mrd. t und an Braunkohle auf 5 Mrd. t, dazu 728 Mrd. t Erdöl, 686 Mrd. m3 Erdgas und ein Wasserkraftpotential von 84.000 MW, das eine "sichere" Leistung von 442 Mrd. Kwh jährlich erlauben würde. Vorerst ist Indien aber noch immer auf Erdöl-Importe angewiesen; die zwölf Raffinerien sind voll ausgelastet: 1995/96 wurden 55 Mio. t verarbeitet.

Die Kapazität der Elektrizitätswerke beträgt (1996) 94,5 GW, davon 83,3 GW in den Versorgungsbetrieben. Seit Beginn der 80er Jahren wurde die Nutzung der Wärmekraft (60,1 GW) mehr als verdreifacht und die der Wasserkraft (21,0 GW) verdoppelt; Kernkraft (2,2 GW) spielt nach wie vor keine große Rolle. 11,2 GW sind außerhalb der Versorgungsbetriebe installiert. Die Kraftwerke sind im Schnitt zu 60 % ausgelastet. Der Ausbau der Kraftwerke hinkt hinter den Plänen zurück - z. T. wegen des politischen Widerstands gegen das Engagement ausländischer Betreiber (Enron in Maharashtra). 86 % der 0,6 Mio. Dörfer wurden bis 1996 an das Elektrizitätsnetz angeschlossen.

Erfolge können auf dem Gebiet der erneuerbaren Ressourcen vorgewiesen werden: Bis 1996 wurden 2,36 Mio. Biogasanlagen installiert; sie ersparen über 5 Mio. t Brennholz. 23 Mio. verbesserte chulhas (Feuerstellen) erlauben die Einsparung von jeweils bis zu 700 kg Brennholz jährlich. Dazu kommen mehrere hunderttausend Solar-Kocher; Dörfer bekamen eine photoelektrische Straßenbeleuchtung.

Industrie: Der Sekundärsektor trug 1995/96 mit 29 % zum BIP beit. 1996/97 wuchs die Industrieproduktion um 10,6 %. Die Schwerindustrie, z. B. die Produktion von Stahl, Aluminium, Maschinen, Schiffen, Chemikalien und Papier, liegt bisher weitgehend in staatlicher, die Konsumgüterherstellung in privater Hand. Eine Reihe von Produktionsfeldern ist der Klein- und Heimindustrie vorbehalten. Mit der Privatisierung im großen Stil wurde begonnen, jedoch hat der Staat durchweg noch die Kapitalmehrheit. Mit der Deregulierung und Abschaffung des ausufernden Genehmigungswesens (licence raj) wurde ebenfalls begonnen. Der Kapitalzufluß nach Indien hat aber erst zum Teil zu innovativen Direktinvestitionen geführt; die ausländischen Anleger begnügten sich vielfach mit Beteiligungen (portfolio investment).

Der größte Erfolg ist die indische Software-Industrie, die in Bangalore ihr Zentrum hat; für 1996/97 werden Exporte in Höhe von 28,4 Mrd. Rs erwartet (1995/96: 21,7 Mrd.-Rs).

Industriestatistik: Sektorale Anteile an der industriellen Wertschöpfung im "registered" Bereich 1990/91 (1960) in %: Nahrungsmittel, Getränke usw. 12,5 (7,9); Bekleidung 11,5 (31,8); Holz, Papier, Papierwaren 4,2 (4,8); Chemikalien (einschließlich Ölprodukte, Gummi, Plastik, Leder) 20,1 (12,9); nicht-metallische Mineralien 4,3 (4,4); unedle Metalle, Legierungen 16,0 (10,8); Maschinen und Werkzeuge 6,7 (3,2); elektrische Apparate 10,8 (3,5); Transportausrüstungen 7,0 (10,2); Verschiedenes 6,8 (0,9). Im "nicht registrierten" (unregistered) Bereich, der etwa zwei Fünftel zur Wertschöpfung des warenproduzierenden Gewerbes beisteuert, haben Textilien (30 %), das Reparaturgewerbe (18 %) und Metallwaren (9 %) die größten Anteile.

Index der industriellen Produktion (1980/81=100)
 
Gewichtung 1992/93 1993/94 1994/95 1995/96
Verarb. Gewerbe 77,11 210,7 223,5 245,4 277,3
Bergbau 11,46 223,7 231,5 248,8 266,4
Elektrizität 11,43 269,9 290,0 314,6 340,3
Insgesamt 100,00 218,9 232,0 253,7 283,3
Quelle: Economic survey 1996-97. p. S-37.

Ausgewählte Produktionsdaten 1995/96 (1994/95): Stahlbarren 15,6 (14,7) Mio. t ; Fertigstahl 21,4 (17,9) Mio. t; Aluminium 518.000 (479.800) t; Rohkupfer 45.300 (45.600) t; Werkzeuge im Wert von 1.053 (1.033) Mio. Rs; Automobile 675.600 (505.500) St.; Motorräder und -roller 2,62 (2,20) Mio. St.; Fahrräder 9,86 (8,90) Mio. St.; Diesel-Standmotoren 191.000 (145.600) St.; Ackerschlepper 202.800 (157.800) St.; Transformatoren 38,2 (41,5) Mio. KVA; Elektromotoren 6,6 (6,6) Mio. PS; Ventilatoren 5,4 (9,9) Mio. St.; Radioempfänger 143.300 (209.800) St.; elektr. Lampen 382 (373) Mio. St.; stickstoffhaltiger Kunstdünger (N) 8,76 (7 ,95) Mio. t; Phosphatdünger 2,55 (2,46) Mio. t; Ätznatron 1,35 (1,12) Mio. t St.; Papier/Pappe 3,54 (3,13) Mio. t; raffinierte Ölprodukte 54,5 (51,0) Mio. t; Zement 69,3 (62,4) Mio. t; Jutetextilien 1,43 (1,36) Mio. t; Baumwollgarn 1,65 (1,57) Mio. t; Zucker 16,5 (14,6) Mio. t; Tee 0,73 (0,78) Mio. t; Kaffee 0,04 (0,04) Mio. t; Vanaspati (Pflanzenöl) 0,96 (0,91) Mio. t; Salz 12,4 (11,4) Mio. t; Elektrizität 380 (351) Mrd. kWh.

Außenhandel:Indien ist zum bedeutendsten Exporteuer von Schmuck aufgestiegen, vor allem durch die Verarbeitung von - meist importierten - Edelsteinen. Kunstgewerbe und Schmuck rangieren nur hinter Textilien, die zudem keinen so hohen Anteil an importierten Vorleistungen erfordern.

Immer bedeutender werden die sog. Dienstleistungsexporte, die in der Handelsstatistik nicht enthalten sind: vor allem Tourismus, Arbeitskräfte und Computer-Software. Letztere wird zunehmend auch für deutsche Firmen und z.T. auch in Zusamnenarbeit mit ihnen entwickelt.

Entwicklung des Außenhandels (Mrd. Rs)
 
1992/93 1993/94 1994/95 1995/96
Exporte/Reexp., fob 537 698 827 1.064
Importe, cif 634 731 900 1.227
Handelsbilanz - 97 - 34 - 73 -163
dito, % der Exporte -18,1 - 4,9 - 8,8 -15,3
Quelle: Economic survey 1996-97. p. S-80.

Außenhandel, warenmäßige Zusammensetzung (Mio US$)
 
1992/93 1993/94 1994/95 1995/96
Exporte 18.537 22.238 26.330 31.797
Agrarprodukte 3.265 4.151 4.367 6.320
Eisenerz 381 438 413 515
Textilien, Kleidung 4.315 4.739 6.352 7.220
Jutewaren 123 124 151 186
Leder und Lederwaren 1.277 1.300 1.611 1.731
Kunstgewerbe, Schmuck 3.783 4.768 5.328 6.130
Chemische Erzeugnisse 1.378 1.813 2.434 2.945
Maschinen 2.458 3.024 3.486 4.358
Importe 21.882 23.306 28.654 36.678
Getreide, -waren 334 92 29 24
Öl und Schmiermittel 6.100 5.753 5.928 7.526
Düngemittel 978 826 1.052 1.683
Chemikalien 1.427 1.538 2.339 2.811
Perlen, Edelsteine 2.442 2.634 1.629 2.106
Eisen und Stahl 778 795 1.163 795
Maschinen 2.363 1.479 1.653 1.446
Elektr. Ausrüstung 203 204 251 386
Fahrzeuge 462 1.271 1.114 1.105
Quelle: Economic survey 1996-97. pp. S-84ff.

Haupthandelspartner 1995/96 (%, Basis: US$)
 
Ausfuhr nach Importe aus
EU 26,4 EU 36,7
- Großbritannien 6,3 - Deutschland 8,6
- Deutschland 6,2 - Großbritannien 5,2
USA 17,3 OPEC 20,9
OPEC 9,7 USA 10,5
Japan 7,0 Japan 6,7
Rußland 3,3 Rußland 2,3
Quelle: Economic survey 1996-97. pp. S-96ff.

Tourismus: Der Tourismus konnte sich von den Einbrüchen der Jahre 1992 bis 1995 (Unruhen, Pest) erholen. 1995 besuchten 2,1 Mio. Ausländer Indien - mehr als je zuvor. Die größten Kontingente kamen aus Großbritannien (334.800), den USA (203.300), Sri Lanka (114.200), Deutschland (89.000), Frankreich (82.300) und Japan (76.000); in diesen Zahlen dürften viele Besucher indischer Herkunft enthalten sein. Der internationale Tourismus hat sich zu einer der Haupteinnahmequellen von Devisen entwickelt: die Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr stiegen 1993/94 auf 2,2 Mrd. US$, die Ausgaben auf 0,5 Mrd. US$. 

Verkehr

Verkehr: Rückgrat des indischen Transportsystems ist die Eisenbahn, ergänzt durch Busse und Lastwagen sowie - auf lokaler Ebene - Fahrradrikschas und Ochsenkarren. 54 % der Dörfer sind noch immer ohne Anschluß an das Straßennetz.

Der internationale Verkehr wird fast ausschließlich per Luft (Personen) und See (Güter) abgewickelt; der Überlandverkehr mit den Nachbarländern ist - mit Ausnahme Nepals - minimal. Die indische Regierung gibt in ihrem Jahreswirtschaftsbericht 1996/97 die Schätzung wieder, daß 80 % des gesamten Personenverkehrs und 60 % des Güterverkehrs auf der Straße befördert werden; für das Jahr 2000 wird erwartet, daß diese Anteile auf 87 % und 65 % ansteigen werden.

Straßen: Das Straßennetz hat eine Länge von 2,88 Mio. km, davon die Hälfte mit befestigter Fahrbahn; 34.298 km waren (1996/97) Nationalstraßen; auf ihnen wurden 40 % des gesamten Verkehrs abgewickelt. 1994/95 waren 30,3 Mio. Kraftfahrzeuge angemeldet; 1994 gab es 3,45 Mio. Pkw, Jeeps und Taxis, 1,79 Mio. Lkw, 0,39 Mio. Busse und 17,94 Mio. Motorräder und -roller und 2,90 Mio. Ackerschlepper, Anhänger, Dreiräder und sonstige Motorfahrzeuge; dazu kommen über 100 Mio. Fahrräder.

Eisenbahn: Mit (1997) 62.915 km Länge ist das indische Streckennetz das größte Asiens und das viertgrößte der Welt. 12.306 km sind elektrifiziert, darunter die Strecken von Delhi nach Bombay, Calcutta und Madras. Noch werden mehrere Spurweiten bedient, doch macht die Überführung der Meter- (18.501 km) und Schmalspurstrecken (3.794 km) auf Breitspur (40.609 km) rasche Fortschritte (1996/97: 1.351 km). Nur 14.849 km sind zweispurig. Die Bahn ist ein Staatsunternehmen und mit 1,6 Mio. Beschäftigten der größte Arbeitgeber. 1995/96 wurden 4,0 Mrd. Reisende (342 Mrd. Passagier-km) befördert und 391 Mio. t Fracht (271 Mrd. Tonnen-km) transportiert. Fünf Sechstel der Dampfloks wurden seit den 60er Jahren aus dem Verkehr gezogen (1992/93: noch 1.725) und durch Diesel- (4.069) und E-Loks (2.012) ersetzt. Der Bestand an Passagierwagen wurde auf 39.929 erhöht; die Zahl der Güterwaggons (0,33 Mio.) wurde weiter reduziert. Kohle macht fast die Hälfte aller Fracht aus, es folgen Eisenerz, Zement, Getreide, Düngemittel, Mineralölprodukte.
Quelle: Statistical outline of Indie 1996-97. p. 110.

Schiffahrt: Die indische Handelsflotte bestand Ende 1996 aus 481 Einheiten mit 7,0 Mio. BRT; sie transportierte 1994/95 29 % der Fracht im internationalen Verkehr. Es gibt vier größere, drei mittlere und etwa 35 kleine Werften; die Werft in Cochin hat zwei Tanker mit 86.000 dwt gebaut. Indien hat eine Küste von 5.560 km Länge, an der 174 Häfen liegen; die wichtigsten sind (Umschlag 1995/96, Mio. t): Bombay (34,1), Visakhapatnam (32,8), Madras (30,7), Kandla (30,3), Calcutta/Haldia (21,4), Marmagao (18,1), Cochin (11,5), Paradip (11,3), Tuticorin (9,3), New Mangalore (8,9), Jawaharlal Nehru Port (6,9). Die Kapazität der Häfen wird fast völlig ausgeschöpft: 1995/96 wurden 215 Mio. t umgeschlagen, 9,1 % mehr als im Vorjahr - ein deutliches Indiz für die zunehmende Weltmarktverflechtung. Öl, Eisenerz und Kohle stehen für 42 %, 16 % und 14 % des Umschlags. Container machen (1995-96) mit 17,6 Mio. t 8,2 % des Umschlags aus; mehr als die Hälfte davon in Bombay und seinem neuen Hafen Jawaharlal Nehru Port.

Luftfahrt: Der Air Coporation Act, 1953 wurde per 1. März 1994 aufgehoben; damit endete das Monopol der staatlichen Fluglinien Indian Airlines und Air India für Linienflüge. Private Gesellschaften, die bis dahin nur Lufttaxis betreiben durften, wurden als Linienfluggesellschaften anerkannt; nur wenige haben sich behaupten können; die Beteiligung ausländischer Teilhaber wurde wieder untersagt.

Die Anpassung der Inlandsfluglinie Indian Airlines an den Wettbewerb hat nach anfänglichem Widerstand der Belegschaft zu einer Verbesserung des Services geführt. Indian Airlines hatte 1995-96 59 Flugzeuge und beförderte 7,7 Mio. Passagiere (723 tkm), seit 1991-92 das beste Ergebnis. Air India, die internationale staatliche Fluggesellschaft, beförderte 1995/96 mit ihren 26 Flugzeugen 2,85 Mio. (1994/95: 2,28 Mio.) Passagiere; die Flugleistung stieg auf 1.619 (1.385) Mio tkm; der Anteil am internationalen Flugverkehr Indiens betrug 1995 22 %; der Auslastungsfaktor von 62 % ist gering im internationalen Vergleich. Eine Fusion der beiden Gesellschaften wird immer wieder erörtert, ebenso eine (Teil-)Privatisierung. Der National Airports Authority (NAA) unterstehen 88 zivile Flughäfen; auf den fünf internationalen Flughäfen Bombay, Delhi, Calcutta, Madras und Thiruvananthapuram (Trivandrum) wurden 1995/96 26 Mio. Passagiere abgefertigt.

Fernmeldeverkehr: Das Land mit seinen 0,6 Mio. Dörfern ist durch 0,15 Mio. Postämter und -stellen postalisch erschlossen. Mit 300.000 regulären und ebensovielen Teilzeitbeschäftigten hat Indien das weltgrößte Postsystem. Die indische Post ist mit (1994) 673 Mrd. Rs Einlagen die größte Sparkasse des Landes. Die Anzahl der Telefonanschlüsse nahm 1996 auf 12,6 Mio. zu und wächst pro Jahr um mehr als 20 %. Gemäß der National Telecom Policy(NTP) von 1994 soll jedes Dorf einen öffentlichen Fernsprechanschluß erhalten, ursprünglich bis 1997, jetzt bis Ende des neunten Fünfjahresplanes, der 1997 beginnen sollte; 1996 hatte jedes dritte Dorf einen öffentlichen Anschluß. Internet-Dienste werden vom Department of Telecommunications(DOT) und von der Videsh Sanchar Nigam Ltd. (VSNL), der staatlichen Gesellschaft für internationale Telekommunikation, angeboten - vorerst (März 1997) in 10 Städten. 


Anmerkungen, Korrekturen, Ergänzungen, Fragen an: h93@ix.urz.uni-heidelberg.de

Weitere Informationen zu Indien: Sozialstruktur, Neuere Literatur, Zeittafel
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