Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

SAI - News


SAI startet Meinungsaustausch über Forschungsperspektiven in Sri Lanka

Vom 29. Februar bis zum 1. März richtete das Südasien Institut (SAI) der Universität Heidelberg, Deutschland in Zusammenarbeit mit der Friedrich Ebert Stiftung (FES) Colombo einen Meinungsaustausch zwischen deutschen und sri-lankischen Wissenschaftlern in Galbangalawa an der Peradeniya Universität, Sri Lanka, aus. Das Thema der Sitzung war „Die Zukunft sozialer Forschungen in Sri Lanka“ (The future of social research in Sri Lanka) und zielte darauf ab, Schwerpunktbereiche sozialwissenschaftlicher Forschungen und mögliche Gebiete wissenschaftlicher Zusammenarbeit zwischen sri-lankischen Akademikern und dem Südasien Institut herauszuarbeiten.

Professor Kalinga Tudor Silva der Peradeniya Universität hervor, dass es mit dem Ende des Bürgerkrieges in Sri Lanka wichtig für Sozialwissenschaftler des gesamten Landes sei, neue Forschungsschwerpunkte zu setzen und ihre Fähigkeiten dafür zu nutzen, sich diesen zuzuwenden. Professor William Sax aus Heidelberg erzählte die Geschichte der Mitwirkung des SAI in Sri Lankas nach und wiederholte dessen Absicht, seine Präsenz dort weiter zu stärken. Frau Bettina Meier berichtete über die Geschichte der Friedrich Ebert Stiftung in Sri Lanka mit seinem Fokus auf Erwachsenenbildung und Arbeitsrechten.

Nach einer kurzen Teepause diskutierte das Forum 1 das Thema der Versöhnung. Redner waren Prof. Siri Hettige (Universität Colombo), Dr. Dhammika Herath (ICES), Prof. H.M.D.R. Herath (Peradeniya Universität), Dr. S. Sivathas (Psychiater, Vavuniya) und Radu Carciumaru, M.A. (Universität Heidelberg).

Nach dem Mittagessen, wurden die Fragen intensiv diskutiert und die Teilnehmenden teilten sich in drei Gruppen auf, um die folgenden Themen, die aus den Diskussionen erwachsen waren, zu besprechen:

  1. Multikulturalismus
  2. Heilung, Resilienz und Rituale und
  3. Kulturen der Erinnerung

Um 19 Uhr wurde die Hauptrede von Gananath Obeyesekere, dem bedeutenden Anthropologen und Professor Emeritus der Princeton Universität, gehalten. In seiner Rede mit dem Thema „Modelle aus der Vergangenheit und ihre Relevanz für gegenwärtige Ungereimtheiten“ (Models from the past and their relevance to present Muddles) sprach Prof. Obeyesekere über die historischen Dynamiken von Immigration, Invasion, Niederlassung und Mischehen verschiedener ethnischen Gruppen in Sri Lanka. Er hob besonders den weitreichenden kulturellen Austausch und die Bevölkerungsbewegungen zwischen Sri Lanka und Indien hervor.

Am Donnerstag, den 1. März, fingen die Sitzungen nach dem Frühstück an. Die drei Gruppen, die sich am vorhergehenden Tag getroffen hatten, präsentierten ihre Ergebnisse wie folgt:

Gruppe 1: Die „Multikulturalismus“-Gruppe hob als wichtig hervor, aktuelle Ideologien zu entmystifizieren und alternativen Diskursen den Weg zu bereiten. Es sei wichtig, „hybriden Ethnizitäten“ und „vielschichtigen ethnischen Identitäten“ Gewicht zu verleihen und sich statt Unterschieden die Gemeinsamkeiten ethnischer Gruppen anzusehen. Die politische Teilnahme aller Gruppen sei von Nöten und die Zuteilung von Ressourcen und öffentlicher administrativer Autorität (etwa durch ein Reservierungssystem bei Einstellungen) wurde als wichtig angesehen. Die Einführung von Sprachrichtlinien sei entscheidend, um Multikulturalismus zu unterstützen und der Staat spiele eine wichtige Rolle darin.

Gruppe 2: Heilung, Resilienz und Rituale. Diese Gruppe kam zu dem Ergebnis, dass jegliche künftige Rituale der Resilienz an einem Ort stattfinden müssten, an dem alle Menschen teilnehmen könnten. Die Rhetorik von 'Sieg' und 'Niederlage' solle transformiert und so verwendet werden, dass 'Sieg' für Sri Lanka einer Versöhnung gleichkommt. Die Gruppe schlug ein mögliches mehrseitiges Forschungsprojekt vor, dass sich auf die neuen, durch den Krieg entstandenen sozialen Beziehungen fokussiert. Insbesondere erfolgen auf der Jaffna-Halbinsel Investitionsaktivitäten im Privatsektor; gewöhnliche Bürger reisen wieder zwischen nördlichen und südlichen Regionen, die bislang unerreichbar waren, auf Wallfahrten und Geschäftsreisen; neue Beziehungen entwickeln sich zwischen diversen ethnischen Gruppen (zum Beispiel die nicht lang zurückliegende und höchst öffentlich vollzogene Hochzeit zwischen einem Soldaten und einer weiblichen ehemaligen LTTE Führungskraft) und neue (charismatische) religiöse Bewegungen gewinnen an Dynamik. Die Gruppe merkte auch an, dass die Integration der Moslems immer noch ein Problem zu sein scheint.

Gruppe 3: Die Gruppe „Kulturen der Erinnerung“ kam zu dem Ergebnis, dass sowohl private als auch öffentliche Sphären der Erinnerung auf komplementäre Art und Weise geformt werden sollten; dass Erinnerungs-Darstellungen in den Medien (TV, Druckmedien, Kino) unvoreingenommen sein sollten; dass die Wichtigkeit der trauernden Minderheiten nicht ignoriert werden solle; dass wir unser Augenmerk sowohl auf kollektive als auch auf persönliche Erinnerungen richten sollten; dass die mit Erinnerung zusammenhängenden materiellen Repräsentationen mit Sensibilität allen Gruppen gegenüber modelliert werden sollten; und dass Strategien auf die Erschaffung von positiven Erinnerungen abzielend ausgearbeitet werden sollten. Zusätzlich zu Erinnerungen gäbe es andere mit dem Krieg zusammenhängende Phänomene, die untersucht werden sollten; zum Beispiel die Oral History der Malariaepidemie, die das kollektive Trauma in nordöstlichen Regionen verstärkte. Solche Themen könnten anderen Arten der Forschung unter den gleichen Gruppen den Weg bereiten.

Gefolgt wurde dieses unmittelbar von Forum 2, „Kultur und Überlieferung“, mit Präsentationen von Dr. Premakumara De Silva (Colombo Universität), Ms. Nilu Abeyaratne (ICES Colombo), und Prof. Kalinga Tudor Silva (Peradeniya Universität).

Nach dem Mittagessen wurde das dritte und letzte Forum mit dem Thema „Gesundheit“ einberufen. Die Redner waren Dr. Abaya Ratnayake (Peradeniya Universität), Dr. Indika Bulankulame (Open University), Eva Ambos, M.A. (Universität Heidelberg) und Prof. William Sax (Universität Heidelberg). Nach einer Teepause gab es eine abschließende Diskussionsrunde, in der die Teilnehmer in der Notwendigkeit einer weiterhin bestehenden lockeren Verbindung dieser Gruppe übereinstimmten, um die Absichten dieser Konferenz in der Zukunft weiter voranzutreiben. Mögliche Folgeaktivitäten beinhalten gemeinsame Forschungen, das Zusammentun bei Veröffentlichungen und zukünftige akademische Austausche. Prof. Sax dankte allen Teilnehmenden für ihre Beiträge und sprach seine Abschiedsworte aus. Die Teilnehmenden nahmen ihr Abendessen an jenem Abend um 19:30 Uhr zu sich und brachen am nächsten Morgen nach Colombo auf.

Für den gleichen Tag war eine Pressekonferenz von Prof. Siri Hettige am Institut für Soziologie der Universität Colombo organisiert, in der die gemeinsamen Tätigkeiten des Südasien Instituts und der Universität Colombo über die letzten Jahre hervorgehoben wurden.  Prof. Hettige, der deutsche Botschafter Sri Lankas, Seine Exzellenz Herr Jens Plötner, Prof. Sax und Prof. Athula Ranasinghe, Dekan der Sozialwissenschaften an der Colombo Universität, hielten kurze Reden. Dieser Verantaltung wohnten ebenso Herr Dennis Schröder, Repräsentant des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) in Colombo und Frau Bettina Meier, Direktorin der Friedrich Ebert Stiftung in Sri Lanka bei. Später an diesem Abend trafen sich die Teilnehmenden für einen informellen Empfang in Colombo. 

04 Apr 2012
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