Wolfgang-Peter Zingel
Südasien-Institut der Universität Heidelberg, Abteilung Internationale Wirtschafts- und Entwicklungspolitik

MALEDIVEN - Sozialstruktur

Bevölkerung: Die Einwohnerzahl wurde im Juli 1999 auf 300.200 geschätzt. Sie belief sich nach offiziellen Angaben 1998 auf 265.00; die Volkszählung im März 1995 ergab 244.644; bei der Volkszählung von 1990 waren es 213.215 Einwohner gewesen. Die Bevölkerungsdichte dürfte 1999 1.000 Einw./km2 erreicht haben (Das Staatsgebiet umfaßt 298 km2, nach eigenen Angaben 302 km2). Ethnisch ist die Bevölkerung ein Mischvolk arabischer, singhalesischer und malaiischer Abstammung. Staatssprache ist das dem Singhalesischen verwandte Dhivehi; Englisch ist in Male´ und auf den Touristen-Inseln als Verkehrssprache gebräuchlich. Ein Viertel der Bevölkerung lebt in der Hauptstadt Male´. Das jährliche Bevölkerungswachstum betrug 1990-96 durchschnittlich 2,9 %, für 1999 wird die Wachstumsrate auf 3,4 % geschätzt. Geburten- bzw. Sterbeziffer 3,9 % und 0,6 % (höchste Geburtenrate in Südasien); Fertilitätsrate 5,7 Kinder pro Frau; Kindersterblichkeitsrate 38 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten; Lebenserwartung 68 Jahre (Männer 67, Frauen 70 Jahre); Altersstruktur: bis 14 Jahre 47 %, 15-64 Jahre 50 %, ältere 3 % (jeweils Schätzungen 1999).

Soziale Einrichtungen
Gesundheitswesen: Das wichtigste Krankenhaus des Landes ist das mit indischer Hilfe erbaute und 1994 eröffnete Indira Gandhi Memorial Hospital in Male´ mit 200 Betten. Daneben gibt es ein weiteres Krankenhaus im Norden und drei andere Spitäler im Süden des Landes mit zusammen 61 Betten. Hinzu kommen 28 Gesundheitszentren. 1998 entfiel ein Arzt auf 1.300 Einwohner, 1990 arbeitete nur ein Zahnarzt im Lande. 1992 kamen 0,23 Community Health Workers auf 1.000 Einwohner. Ende 1992 wurde ein Institute for Health Sciences eingerichtet und 1994 öffnete in Male´ ein Family Planning Centre. Die Qualität des Trinkwassers (unzureichende Abwasser- und Abfallbeseitigung) und mangelnde Ernährung gefährden die Gesundheit der Bevölkerung. Der Haushalt 1998 sah 310 Mio. Rf für den Bereich Gesundheit und Wohlfahrt vor (= 12,9 % der Ausgaben).

Recht und Justiz:
Grundlage der Justiz ist das islamische Recht, die Scharia. im Rahmen der scha'afitischen Rechtsschule. Vor allem im Handelsrecht sind Einflüsse des britischen Common Law spürbar. 1980 wurde ein Obergericht (High Court) eingerichtet. Die vier Gerichte in Male´ und die 200 Insel-Gerichte auf den bewohnten Inseln unterstehen dem Justizministerium. Die Regierung gab im Januar 1999 bekannt, daß die Inselgerichte in den Hauptorten der 20 Atolle/Verwaltungsbezirke die Justiz des betreffenden Atolls überwachsen werden. In jedem dieser Orte soll ein Senior Magistrate berufen werden. Im Februar 1995 richtete Präsident Gayoom einen Advisory Council of Judicial Affairs beim Präsidialamt ein, der als Berfungsinstanz dient. Ein spezieller Bürgerrat (Citizen's Special Majlis) entscheidet in Sachen Verfassungsänderung, Schutz der Bürgerrechte etc.

Religion und Volksbildung
Religion: 99,9 % Muslime. Der Islam ist Staatsreligion; die Malediver sind Sunniten. Am 6. November 1996 wurde ein Supreme Council for Islamic Affairs gebildet..

Volksbildung: Es gibt drei Arten formaler Erziehung: traditionelle Koranschulen (Makhtab), dhivehisprachige Primarschulen (Madhrasa) sowie englischsprachige Primar-und Sekundarschulen. 1978 wurde die erste Grund- und 1992 die erste Oberschule (Insel Hithadoo bzw. Hittadu, Addu Atoll) außerhalb Male´ eröffnet. 1984 wurde ein nationaler Lehrplan eingeführt. Nur die englischsprachigen Schulen sind dazu ausgerüstet, nach einem Standardlehrplan vorzugehen. Das 1980 begonnene Grundschulprogramm für Erwachsene ist ein Erfolg: 1993 konnten 93 % der Erwachsenen, Männer wie Frauen  gleichemaßen, lesen und schreiben, die höchste Rate in Südasien [Haq 1998 : 177], obwohl es keine allgemeine Schulpflicht gibt. Die Primarschule beginnt im Alter von sechs Jahren und dauert fünf Jahre, die Sekundarschule schließt sich mit sieben Jahren (zwei Abschnitte von fünf bzw. zwei Jahren) an. Die Schulbesuchsquote lag 1993 bei 90 %, wobei sich Jungen (91 %) und Mädchen (89 %) kaum unterschieden. In der Primarstufe lag die Quote 1997 bei 125 % der entsprechenden Altersgruppe, in der Sekundarstufe 1993 bei 49 %. 1992 gab es 8 Vorschulen; 1997 besuchten 10.682 Kinder solche Schulen. 230 Primarschulen hatten im selben Jahr 50.250 Schüler; 1986 gab es 1.138 Primarschullehrer. 1995 existierten 18 Sekundarschulen mit (1996/97) 26.711 Schülern; 1986 zählte man 291 Sekundarschullehrer. Ebenfalls 1986 waren 54 Lehrer an elf Berufsschulen (es gibt eine Vollzeit-Berufsschule) tätig (1992 154 Schüler). Die Gesamtzahl der Lehrer betrug 1989 1.833, von denen 77 % Einheimische waren. Von 1998 insgesamt 97.323 Schülern gingen 78 % in Male´ in die Schule. 1992 gab es 57 staatliche Schulen mit 32.455 Schülern sowie 211 religiöse bzw. Privatschulen mit 36.504 Schülern. Es gibt eine Lehrerakademie (1993 298 Studenten), ein Institut für Hotel- und Gatststättenwesen, ein Institut für Management und Verwaltung sowie ein naturwissenschaftliches und ein islamisches Ausbildungszenrum. Ende 1996 wurde der Bau des Maldives College of Higher Education eröffnet, das die Arbeit der höheren Bildungseinrichtungen koordinieren soll. Im Januar 1989 schuf die Regierung einen National Council of Education zur Überwachung der Entwicklung des Bildungswesens. Der Haushalt 1998 sah 464 Mio. Rf für den Bereich Bildung vor (19,3 % der Ausgaben).

Quellen:
Mahbub ul Haq, Khadija Haq: Human development in South Asia 1998.Karachi: Oxford UP. 1998.



Eine gekürzte Fassung erschien in "Munzinger-Archiv / IH - Länder aktuell", Ravensburg, 44/99.


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